Das nach Emanzipation bestrebte handelnde Subjekt der Migrantinnen und Migranten ist das prinzipielle Moment des politischen Antirassismus. Diese Art zum Denken und Handeln entwickelt(e) sich entlang der Linien und praktischen Fragestellungen nach (Self)empowerment, Selbstorganisation, Allianzenbildung und Konfliktinszenierung einerseits und theoretischen Fragestellungen danach, wie selbstverständlich die Normalität ist und wie sich diese in Hinblick auf die neuen Utopien und letztendlich ideologische Postulate denken lässt. Das Politische wird nicht mehr im Bereich der Verwaltung verortet, sondern als ein zentrale Moment des menschlichen Alltags. Um mit diesem Prinzip zu einer allgemeinen Anerkennung zu gelangen, bedarf es einer Verschriftlichung und somit Objektivierung. Diese findet statt, indem die partikularen Momente als Zeichen einer allgemeinen historischen Tendenz aufgefasst werden und somit eine eigene Historisierung – aus Subjektposition her – bestrebt wird. Die hier gesammelten Schriftstücke gruppieren sich entlang einer Zeitachse von zehn Jahren. Vieles ist darin passiert und trotzdem ist es eine zu kurze Zeit, um überhaupt sagen zu können, um was es sich – historischen gedacht – da genau gehandelt hat. Wir sind mittendrin. Der Fluss des Schreibens und der politischen und kulturellen Aktionen setzt sich fort. Die hier vorgelegte Sammlung ist insofern nur ein kurzer Rückblick auf einen, in der breiten Öffentlichkeit bis jetzt kaum vorhandenen, politischen Moment der Kämpfe der Ausgeschlossenen um ihrer Rechte und vielleicht auch um eine andere und vor allem bessere Gesellschaft.
Ljubomir Bratic, Philosoph und freier Publizist; Publikationen über die Selbstorganisation, Migrationsgeschichte und Antirassismus. 1994: Buch »Die zweite Generation«; 2002: Herausgeber »Landschaften der Tat. Vermessung, Transformationen und Ambivalenzen des Antirassismus in Europa.«; Zuletzt Coautor der Studie »Kunst, Kultur und Theater für Alle!«