Über Breitner wird und muß ein ausführliches Buch geschrieben werden. Von einem Finanzfachmann mit sozialem Einfühlungsvermögen, der das Wunder Breitner, das Finanzgenie und dessen Erfolge entsprechend zu znalysieren und dem Laien zu erklären vermag forderte der Zeitzeuge Richatd Berczeller 1977. Hugo Breitner (1873-1946), Sohn eines ungarisch-jüdischen Getreidehändlers, zunächst Subalternbeamter, später Gewerkschaftsredakteur und Direktor der „kk. privilegirten Länderbank“, schließlich mächtigster Mann der Wiener Stadtregierung: der ebenso hochgeschätzte wie gefürchtete, stets etwas geheimnisumwitterte Finanzstadtrat, dessen umstrittenes Steuersystem u.a. die Grundlagen für die Finanzierung der Gemeindebauten, für Glöckels Schulreform und Tandlers Sozialprogramme lieferte. In der vorliegenden Arbeit witd nun Breitners Lebenswerk anhand einer umfassenden Analyse der von ihm entwickelten Finanzpolitik im Roten Wien beleuchtet; dem „Steuersadisten“ wird das Bild des genialen Verwaltungsptaktikers gegenübergestellt, dem es gelingt, aus eigener Kraft und ohne Schuldenwirtschaft das in der ganzen We1t bewunderte Aufbauwerk der Jahre von 1919 bis 1932 zu finanzieren. Nachgelassene Briefe und Dokumente erzählen vom weitgehend im Dunkel liegenden persönlichen Schicksal des Arbeitsmenschen Breitner und lassen, zusammen mit unbekanntem Fotomaterial, ein lebendiges Bild seiner Persönlichkeit entstehen.
Wolfgang Fritz
geb. 1,947 in Innsbruck, Jurist, seit 1988 Leiter der Revisionsabteilung im Finanzministerium Wien. Seit der Jugend schriftstellerische Tätigkeit. Seine Erzählungen „Zweifelsfålle für Fortgeschrittene“ (1981) und „Eine ganz einfache Geschichte“ (1983) wurden in der Collection S. Fischer verlegt.