Die Geschichte der Frauenbewegung gilt als ein klassischer Themenbereich historischer Frauenforschung. Das anhaltende Interesse an einer ›feministischen Vergangenheit‹ hat mitunter allerdings zu standardisierten Versionen historischer Erzählungen geführt. Der vorliegende Band versucht ›das gesicherte Terrain‹ der Frauenbewegungsgeschichtsschreibung ›unvertraut zu machen‹ (Joan W. Scott), indem einschlägige Themen, Fragestellungen und Begrifflichkeiten mit konkreten Rekonstruktionen aus der Frauenbewegungsgeschichte der Habsburgermonarchie konfrontiert werden.
Anhand der Person Zofka Kveders (1878-1926) befasst sich die Studie mit Konstruktionsprozessen, die in den letzten einhundert Jahren eine ›etwas ungewöhnliche Gestalt‹ (Geneviève Fraisse) regionaler Frauenbewegung hervorgebracht haben. Am Beispiel der Triester Frauenzeitschrift »Slovenka« (»Slowenin«) werden Bedeutungen und Implikationen des Motivs von der Ersten slowenischen Frauenzeitschrift untersucht. Es folgen Annäherungen an teils strittige Bezüge zwischen Frauenbewegung und Frauenwohltätigkeit, zwischen Frauenbewegung und Männern sowie zwischen Frauenbewegung und Frauenhandarbeit. Und schließlich wird am Beispiel der Stadt Zagreb danach gefragt, was es historisch wie historiographisch bedarf, um von Frauenbewegung um 1900 sprechen zu können.
Natascha Vittorelli erprobt die Anwendbarkeit des Inventars, das Frauenbewegungshistoriographie bereit hält, weit über die dargestellten nationalen Besonderheiten hinaus. Dies trägt zu einer überzeugenden Erweiterung des thematischen, theoretischen wie methodischen Repertoires gängiger Erzählformen von Frauenbewegungen bei.
Natascha Vittorelli
Historikerin. Wissenschaftliche Projektmitarbeiterin und Lehrende am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. Visiting Scholar am Gender Kolleg der Universitäten Bern/Fribourg. 2006 Förderungspreis der Stadt Wien für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaften.