Mit dem Inkrafttreten der Dezemberverfassung von 1867 hatte sich die rechtliche Stellung der Juden in Österreich grundsätzlich verändert, es wurde ihnen die Gleichberechtigung mit allen anderen Staatsbürgern gewährt. Damit waren sie rechtlich allen anderen Österreichern gleichgestellt, gesellschaftlich aber noch lange nicht. Bei den Wiener Freimaurern jedoch waren sie willkommen, mit deren Idealen der Humanität, der Brüderlichkeit und der sozialen Einstellung konnten sie sich identifizieren und das antidogmatische Weltbild der Wiener Freimaurer kam ihnen entgegen. Das erklärt die verhältnismäßig große Zahl der jüdischen Mitglieder bei der Großloge von Wien. Aber auch die Sozialdemokraten fanden in der Freimaurerei viele ihrer Ideen wieder.
Die politische Situation der 30er Jahre, der Ständestaat mit dem Verbot der sozialdemokratischen Partei, der Versuch, Kontrolle über das Handeln der Freimaurer zu bekommen, der wachsende Antisemitismus und schließlich das Ende Österreichs durch den Einmarsch der Nazi führte zur Auflösung der Großloge und zwang viele ihrer Mitglieder zur Flucht.
Der Autor beschreibt Verfolgung, Flucht und Exil nach Dokumenten und Originalbriefen der ehemaligen Mitglieder und der Großloge. Bemerkenswert ist das große Zugehörigkeitsgefühl vielen Exilanten zu ihrer „Heimatgroßloge“ und das Bemühen der Hilfe bei ihrer Wiedererrichtung nach dem Krieg.
Ein eigenes Kapitel widmet sich den Opfern, die in Konzen-trationslagern ermordet wurden.
Robert A. Minder lebt und arbeitet als Publizist in Wien. Von ihm erschienen 2004 das „Freimaurer Politiker Lexikon im Studien Verlag, Beiträge zu den im Löcker Verlag erschienenen „Quatuor Coronati Berichten“sowie das Buch Auf den Spuren der Freimaurer in Wien, ebenfalls im Löcker Verlag.