Zum ersten Mal liegen alle Bände „Im Machtgehege“ in einer vollständigen Ausgabe vor. Sie bildet den Auftakt einer Werkausgabe, die Michael Guttenbrunners Texte in übersichtlicher Form zugänglich macht.
Neben der lyrischen Produktion stellt das komplexe Prosa-Werk „Im Machtgehege“, dessen erster Band 1976 erschien, und das ab 1994 bis zu Michael Guttenbrunners Tod auf acht Bände anwuchs, den zentralen Arbeitsschwerpunkt des Autors dar. In seiner präzisen Arbeit am Text avancierte Guttenbrunner mit diesem fein verästelten und viele Bezüge verarbeitenden Werk zu einem bedeutenden literarischen Chronisten der Zeitgeschichte. Er wusste genau zu unterscheiden zwischen Verantwortung und Mitläufertum, zwischen Widerstand und Fügung. Seine einzelnen Prosastücke – oft nur ein wenig länger als eine halbe Seite – sind, wie er selbst sagte, in der Sprache gehauen und gestochen. Jede Form der Anbiederung war ihm fremd, was ihm bereits zu seinen Lebzeiten viele Gegner einbrachte. Der Schlüsselbegriff für die Prosaminiaturen ist das „Machtgehege“, in dem die Menschen festgehalten werden. An diesem Zustand der politischen, religiösen sowie ideologischen Unmündigkeit des Menschen arbeitete sich Michael Guttenbrunner ein Leben lang ab, indem er unermüdlich auf das Gestrüpp hinwies, indem sich der einzelne allzu leicht verstrickt. Diese Hinweise erzeugen beim Leser eine Atmosphäre, wie man sie aus der Lyrik kennt: verknappt, klar und unmissverständlich. In Zeiten, in denen das Verwaschene Konjunktur hat, werden Texte, die an der Brillanz von Karl Kraus geschult und am Witz von Johann Nestroy orientiert sind, zu Wegweisern der Lauterkeit.
MICHAEL GUTTENBRUNNER, geb. 1919, besuchte die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Schon 1935 und 1938 aus politischen Gründen verfolgt und eingesperrt, wurde er 1940 zur Wehrmacht eingezogen; 1944 wegen Widersetzlichkeit zu einer Kerkerstrafe verurteilt, doch zur „Frontbewährung“ begnadigt. Zurückgekehrt nach Kärnten, redigierte er u.a. die Zeitschrift der Kärntner Partisanen „Die Einheit“. 1954 erhielt er den Georg Trakl-Preis für Lyrik,1966 den Österreichischer Staatspreis für Lyrik, 1987 den Kulturpreis des Landes Kärnten,1994 das Ehrendoktorat der Universität Klagenfurt und 2004 den Theodor Kramer Preis.