Der Titel dieses – variatio delectat – verschiedene Themenbereiche in wechselnden Formansätzen vereinigenden Gedichtbandes fordert bewußt den Ungeist der Zeit heraus: Der Autor läßt sich nicht stören, am unverminderten Poesiebegriff festzuhalten, frei von Politik, Erotik, Sozialthematik, Witzigkeit, Experiment, Stunde Null und Post-Art. Er stellt sich, ignorierend, was vom
Literaturbetrieb gefördert bzw. verpönt wird, zur Zeit quer, hält ganz einfach fest an dem, was der Kern lyrischer Dichtung ist: Ausdruck der Betroffenheit vom Wirklichen und eines in ihm Gewahrten zu sein. »Allgesang« meint das »Gottweltall« (Heine), »Gesang« die unverratene Weise dichterischer Äußerung. Die ungezählten noch freien Einzelnen der Leserschaft von Lyrik sind angesprochen.
An Göttertischen
werden wir täglich
auf dieser Erde gespeist –
die große und kleine Natur
erstaunt, drin ist kein Ende:
was starren wir nur
in die eigenen Winkel? Träte
mit offener Seele ein jeder
in den sich als All erweiternden
Morgen, gewahrend das, was ist:
nicht Hiesigkeit schränkte ihn ein;
er hätte das volle Sein sich davon
genommen, und jubelte, überwältigt.
Klaus Demus
Der auf Grund einer Empfehlung seines Freundes Paul Celan 1958 bei S. Fischer debütierende Lyriker legt seinen vierzehnten Gedichtband vor. »Allgesang« ist Heines »Gottweltall« in Verbindung mit Denken preisende Poesie, die, nach dem Autor,
»Alexanders Weltspiegel übertrifft«.